Interview mit Deaflympics-Teilnehmerin Silke Fischer

Sportkoordinator David Holler führte in den vergangenen Tagen ein schriftliches Interview mit Silke Fischer. Ihre Sportart und die Deaflympics sowie die Vorbereitungen auf die Deaflympics standen im Fokus.

Hallo Silke,
wir, der BGS, freuen uns ein Interview mit dir führen zu können! Wie geht es dir im Moment?

Ich bin etwas aufgeregt, weil es schon bald losgeht. Aber ich fühle mich gut und auch gut vorbereitet.

Kannst du dich und deine Sportart unseren Leser*innen kurz vorstellen?

Ich bin Silke Fischer, ich bin 21 Jahre alt und studiere in Heidelberg Lehramt Sonderpädagogik. Meine Sportart in der ich auch bei den Deaflympics antreten werde ist Sportschießen. Da habe ich zum einen die Disziplin Luftpistole und zum anderen die Disziplin Sportpistole. Beim ersteren beträgt die Distanz 10 Meter, bei der Sportpistole sind es 25 Meter. Die Wettkämpfe unterscheiden sich da etwas und zusätzlich gibt es auch noch den Mixed Wettkampf Luftpistole, bei dem ich mit meinem Partner antreten werde. Beim Sportschießen geht es um die Kraftfähigkeit, um den Arm so lange ruhig halten zu können. Aber es ist auch ein sehr mentaler Sport, dass man die Leistung in den Wettkampf rüberbringen kann.

Wann hast du mit dem Sportschießen begonnen, in welchem Verein oder Vereinen bist du aktuell und wie bist du zu dieser Sportart gekommen?

Das war schon vor einer langen Zeit, ungefähr 2011/2010, bin ich über die Ganztagesbetreuung an einer Schule in Kooperation mit einem Verein zum Schützenverein gekommen. Damals war das noch mit der Sportart Sommerbiathlon, das mache ich auch noch nebenher. Da es aber leider nicht olympisch ist, bin ich relativ schnell zum statischen Schießen gewechselt und da trainiere ich immer in meinem Heimatverein SGi Ennetach und bin gleichzeitig auch Mitglied im GSV München. Eben einem Gehörlosenverein, um von dort aus bei internationalen Wettkämpfen starten zu können.

Gibt es anderen Sport den du zum Ausgleich oder als Ergänzung betreibst?

Oh ja, ich mache wirklich sehr viele Sportarten, das ist auch der Grund warum ich das Fach Sport ausgewählt habe für mein Lehramtstudium. Ich mag total gerne die Kombination von anderen Sportarten und das finde ich auch ein super schönen Ausgleich. Also klettern mag ich super gerne, in der Natur sein, wandern, schwimmen. Früher habe ich Triathlon gemacht, auch Kampfsportarten. Aber seit ich mich auf mein Schießen konzentriere, bleibt natürlich weniger Platz für andere Sportarten. Meine Hauptsportart ist Schießen, drumherum darf es gerne alles Mögliche sein!

Was empfiehlst du allen Interessierten wie sie am besten in diesem Sport hineinkommen können? Der Schießsport wird schließlich auch als teurer Sport bezeichnet.

Toll ist es natürlich wenn es ein Ganztagesangebot von der Schule wäre, aber das ist leider nicht so häufig der Fall. Es gibt immer wieder Talentzentren oder Jugendtrainingsmöglichkeiten, bei denen es spezielle Angebote gibt für Anfänger. Das kann ich auch super gut empfehlen, weil man dann am Anfang auch mit einer Waffe vom Verein schießen kann, sodass man noch nicht für die Ausrüstung selber aufkommen muss. Wenn man den Sport intensiver betreiben möchte, kann man sich die Sportgeräte dann natürlich kaufen. Oft gibt es da Kooperationen oder Zuschüsse, wenn man den Einstieg in einen Landeskader geschafft hat. Auf jeden Fall erst einmal ausprobieren, alles andere kommt dann von selber.

Du bist ja schon länger Mitglied des Nationalkaders im DGSV. Wie ergeht es dir dort und wie sehen deine Pläne aus?

Ja, seit 2016 bin ich offiziell Mitglied im Nationalkader. Die Atmosphäre ist dort einfach super angenehm, wir sehen uns gegenseitig eigentlich nicht als Konkurrenten, sondern wir sind eigentlich enge Freunde und unterstützen uns gegenseitig so gut es geht. Es ist natürlich auch schön, andere Sportler mit ähnlichen Hörbeeinträchtigungen zu treffen und sich austauschen zu können. Meine Pläne sind auf jeden Fall weiterhin noch einige Jahre aktiv zu sein im Nationalkader, gerne noch bei internationalen Wettkämpfen mitmachen, vielleicht auch nochmal bei den Deaflympics, insofern wenn es mit meinem Beruf vereinbar ist. Ich kann mir auch vorstellen, in Zukunft als Trainer oder ähnliches aktiv und der Sportart treu zu bleiben.

Du wurdest vor kurzem auch für die anstehenden Deaflympics in Caxias do Sul (Brasilien) nominiert. War die Nominierung eine Überraschung für dich oder hattest du doch gewissermaßen damit gerechnet?

Der Weg der Nominierung war tatsächlich ein ziemlich langer. Dazu mussten erst einmal mehrere Qualifikationslehrgänge durchgeführt werden, bei denen wir dann Wettkämpfe durchgeführt haben, um die sogenannte „Limitzahlen“, also die Norm, zu erreichen. Offiziell habe ich die Norm dann geschafft und die musste dann noch von der Geschäftsstelle abgesegnet werden. Die offizielle Nominierung kam dann tatsächlich erst vor wenigen Wochen per Email. Es ist für mich trotzdem immer wieder eine schöne Überraschung zu erfahren, dass ich offiziell dabei sein darf. Ich habe aber schon monatelang darauf hintrainiert und natürlich gehofft, dass ich die Nominierung schaffe.

Was sind deine sportlichen Ziele in Caxias do Sul, du bist schließlich nicht zum ersten Mal Deaflympics Teilnehmerin? Gehst du eher bescheiden ins Rennen oder rechnest du dir doch was was?

Es sind meine zweiten Deaflympics, ich möchte auf jeden Fall fokussierter reinstarten, aber wegen der mangelnden Wettkampferfahrung  in den letzten Jahren aufgrund von Corona kann ich schwer einschätzen, wie ich meine Technik in Wettkampfsituationen umsetzen kann. Mein Ziel sind auf jeden Fall die Finalwettkämpfe. In jeder Disziplin gibt es einen Vorwettkampf und die besten 5 bzw. 8 kommen dann ins Finale. Das ist mein festes Ziel und dann möchte ich meine Technik im Finale auch weiter umsetzen können.

In ziemlich genau einem Monat ist Abflug nach Brasilien. Wahnsinn wie schnell die Zeit vergeht. Die Nervosität und Anspannung steigt sicher von Tag zu Tag an. Wie bereitest du dich konkret in den kommenden Wochen auf die Deaflympics vor?

Glücklicherweise befinde ich mich gerade in den Semesterferien und habe daher noch mehr Zeit, mich intensiver mit den Vorbereitungen auseinanderzusetzen. Ich mache auch Ausdauersport, um meinen Puls, meinen Ruhepuls zu senken, das natürlich vorteilhaft ist für den Wettkampf. Ich mache natürlich auch viel Schießtraining und auch mentales Training, also dass ich versuche mir meinen Wettkampf vorzustellen und wie ich in manchen Situationen reagieren würde. Zusätzlich dazu kommt Stabilisationstraining, um meine Körperspannung während dem Schussablauf halten zu können, Gleichgewichtsübungen spielen dabei eine große Rolle.

Ursprünglich sollten die Deaflympics ja bereits im Dezember 2021 stattfinden. Die Verschiebung wurde während der schlimmsten Phase der Corona-Pandemie bekannt gegeben. Das war für dich sicher ein herber Rückschlag, da die Deaflympics bestimmt zu deinen wichtigsten Zielen gehört. Wie konntest du diese Entscheidung verkraften? Oder war es für dich eher eine Gelegenheit, z.B. an deinen Schwächen zu arbeiten?

Ja, anfangs war schon eine gewisse Unsicherheit da, wann endlich die Deaflympics stattfinden und das hatte auch natürlich Auswirkungen auf die Trainingsplanung. Ich habe versucht, das positiv zu sehen, da es mit meinen Studium wiederum gut vereinbar war, weil ich so die ganzen wichtigen und intensiven Seminare hinter mir habe. Da ich jetzt im Sommer nur noch die Bachelorarbeit schreiben muss, hat es eigentlich ganz gut in die Studienplanung hineingepasst, weil ich jetzt auch mehr Zeit für die Trainingsvorbereitung habe. Von dem her habe ich versucht, es positiv zu sehen, aber natürlich war es anfangs auch schwierig für mich zu akzeptieren, warum es verschoben wurde. Angesicht der Lage war es natürlich total verständlich.

Die Corona-Pandemie hat den Trainingsalltag durcheinander gewirbelt. Wie konntest du – insbesondere während des Lockdowns – trainieren bzw. konntest du deinem Training überhaupt wie gewohnt nachgehen?

Anfangs habe ich versucht viel Trockentraining zu machen, weil auch die Schützenheime geschlossen waren. Als dann aber klar wurde, dass der Lockdown oder generell der Trainingsbetrieb länger eingeschränkt sein wird, habe ich mir eine Scatt-Anlage gekauft. Mit dem kann man sozusagen das Schießtraining relativ gut simulieren. Damit habe ich mehrmals die Woche trainiert, aber natürlich war das nicht zu ersetzen mit dem richtigen Training. Dann habe ich, als die Schützenheime wieder offen waren, versucht wieder mehr richtig zu trainieren. Oft wurde im Schichtbetrieb trainiert, sodass ich meistens alleine in einer großen Halle war. Auch durch die Scatt-Anlage, das sozusagen ein Trockentraining ist, konnte ich mich viel mehr mehr auf andere Schwerpunkte konzentrieren z.B. konnte ich sehen, wie genau mein Schussverlauf war, also wie lange stand ich im Halteraum, wie lange habe ich nachgehalten. So hat sich der Schwerpunkt auch ein bisschen geändert. und es hatte eigentlich auch ein bisschen gute Vorteile, weil ich dann mal ein bisschen von anderen Perspektiven aus mein Training betrachtet habe.

Vielen Dank für deine Zeit! Wir wünschen dir in Brasilien viel Erfolg und drücken dir selbstverständlich beide Daumen. Das letzte Wort darfst du haben. Gibt es etwas, was du den Leser*innen oder auch den Nachwuchssportler*innen mitteilen möchtest?

Vielen Dank auch für die Möglichkeit des Interviews! Als letztes möchte ich eigentlich noch sagen: Wenn man einen Traum hat und es auch noch so viele Hindernisse gibt, es gibt immer einen Weg, das zu schaffen und den Traum zu erreichen, also bleibt einfach dran! Ich wünsche euch auch eine schöne Zeit und danke nochmals!

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